Zum "Der Sang des fremden Sängers. Eine Phantasie. Hamburg: Hoffmann und Campe, 1835, 46 S."

Von Manfred Neuhaus



Hermann Josef Schmidt hat in seinem Buch: " Der Alte Ortlepp war` s wohl doch" auf der Seite 428 die Schrift mit dem Titel:

Der Sang des fremden Sängers. Eine Phantasie. Hamburg: Hoffmann und Campe. 1835, 46 S.

aufgeführt. Ist diese Schrift von Ortlepp?

Ich nahm Kontakt auf mit dem Archiv des Verlages Hoffmann und Campe in Hamburg und stieß nach der Schilderung meines Anliegens bei der dortigen Sachbearbeiterin auf offene Ohren. Sie kopierte mir die entsprechenden Seiten aus der für das hundertjährige Bestehen des Verlages 1981 von Bernd Steinbrink zusammengestellten Bibliographie. Dort stand auf der Seite 138, Jahrgang 1836, unter Nr. 24 die Eintragung:

[SLOMAN, Elise (geb. Wille):]
Der Sang des fremden Sängers. Eine Phantasie. 46 Seiten.

Den "Sang des fremden Sängers" beschaffte ich mir über die Fernleihe. Auf der Seite 1, dem "Schmutztitel" und der Seite 3, dem Haupttitel" stand:

Der Sang
des
fremden Sängers.
___________
Eine Phantasie.
bei Hoffmann und Campe.
1835.

Das Buch war also anonym erschienen. In meinem ausgeliehenen Exemplar hatte man auf der Seite 3 unter -Eine Phantasie- handschriftlich «Eliza Sloman verehelichte Dr.in Wille» hinzu getragen.

Meine weiteren Ermittlungen ergaben folgendes:
Eliza Wille, geboren am 9.3.1809 zu Itzehoe in Holstein als Tochter des Hamburger Reeders R. M. Sloman, verheiratete sich mit dem Journalisten Francois Wille. Beide verließen Hamburg im Jahre 1851 und ließen sich auf dem Gut Mariafeld bei Meilen am Züricher See nieder, sie waren mit Richard Wagner eng befreundet.
Wille war Teilnehmer am Hambacher Fest und spielte in der Schweiz unter dem Kriegsnamen "Löwenzahn" in den Clubs des "Jungen Deutschlands" eine hervorragende Rolle;" so steht es in den "Literarischen Geheimberichten aus dem Vormärz", herausgegeben von Karl Glossy.
Richard Wagner schrieb in "Mein Leben": «Der Hausgenosse Herweghs war Dr. Francois Wille.»

Von Eliza Wille gibt es ein Buch mit dem Titel:
Fünfzehn Briefe Richard Wagners, mit Erinnerungen und Erläuterungen von Eliza Wille geb. Sloman, R. Oldenbourg, München-Berlin, Verlag der Corona / Zürich 1935. In diesem Buch beschreibt sie (S. 51), wie sie ihr Gedicht Richard Wagner vorgetragen und wie dieser darauf reagiert hat. Auch im Nachwort wird das Gedicht als Werk Eliza Willes genannt.

Der Sang des fremden Sängers, am 5. Juni 1835 von der Zensur verboten, ist also nicht von Ernst Ortlepp.

Manfred Neuhaus